Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim | S+P
Wer erbt, verliert nicht die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim, wenn die eigene Nutzung des Familienheims aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen der Vorinstanz entschieden.
Die Klägerin hatte das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Die Klägerin machte gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können. Das FG Düsseldorf war der Ansicht, das sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Klägerin fremder Hilfe hätte bedienen können (STB Web berichtete).
Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung voraus, dass Erben für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzen, es sei denn, sie sind aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der BFH in seinem Urteil vom 1.12.2021 (Az. II R 18/20), erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung, genügten zwar nicht. Anders sei es allerdings zu beurteilen, wenn die Erbin aus gesundheitlichen Gründen für eine Fortnutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedürfe, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung zu sprechen sei. Das FG hat deshalb unter Mitwirkung der Klägerin das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu prüfen.
(BFH / STB Web)
Artikel vom 07.07.2022