Fotograf: Kunst oder Handwerk? | S+P
Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Fotograf künstlerisch tätig ist oder ein Handwerk betreibt, das die Handwerkskammer zur Eintragung in ein Inhaberverzeichnis berechtigt. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
Die Kläger sind Diplom-Designer und in der Künstlersozialkasse versichert. Sie erstellen im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Auftrag von Geschäftskunden werbliche Fotografien. Daneben sind sie journalistisch-redaktionell tätig und fertigen außerdem freie Arbeiten an, die sie in Ausstellungen zeigen und teilweise an Interessenten verkaufen. Über Verkaufsräume verfügen sie nicht. Die Handwerkskammer teilte den Klägern mit, sie in die Handwerksdatenbank eintragen zu wollen, weil sie neben künstlerischen Werken auch gewerbliche Auftragsarbeiten herstellten. Der dagegen gerichtete Widerspruch der Kläger blieb erfolglos.
Einordnung gewerblicher Auftragsarbeiten
Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, ihre fotografische Tätigkeit sei nicht als handwerklich, sondern als künstlerisch und damit freiberuflich einzustufen. Ihre Arbeiten würden sich durch ein eigenschöpferisches, gestaltendes Schaffen und ein hohes Gestaltungsniveau auszeichnen, das deutlich über das technisch gute Abbilden der Realität hinausgehe. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und hob die Mitteilung der Handwerkskammer über die beabsichtigte Eintragung in das Handwerksverzeichnis der Inhaber zulassungsfreier Betriebe auf.
Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien
Mit Urteil vom 9.12.2021 (Az. 1 K 952/20.MZ) ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien künstlerisch tätig sind und kein zulassungsfreies Handwerk im Sinne der Vorschriften der Handwerksordnung betrieben. Auch im Auftrag von Geschäftskunden erstellte fotografische Arbeiten könnten Kunst darstellen, wenn es sich dabei um ein eigenschöpferisches gestalterisches Schaffen handele, das eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreiche. Dies sei bei den Arbeiten der Kläger ganz überwiegend der Fall. Hierfür sprächen die von den Klägern vorgelegten fotografischen Werke selbst sowie die Beschreibung des Vorgehens bei ihrer Tätigkeit.
(VG Mainz STB Web)
Artikel vom 24.01.2022